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SCHAUSPIELAUSBILDUNG

STAATLICHE VS. PRIVATE SCHAUSPIELSCHULEN

EIN VERGLEICH

Ist eine staatliche Schauspielschule die bessere Wahl als eine private Schauspielausbildung?


Diese Frage wird häufig gestellt, besonders wenn es um den Einstieg in die Schauspielkarriere geht. Tatsächlich gibt es unserer Einschätzung nach natürlich Unterschiede zwischen staatlich subventionierten Universitäten/Schauspielschulen mit sehr umfangreichen Möglichkeiten und privat finanzierten Berufsfachschulen, die sehr viel geschickter haushalten müssen. Unserer Erfahrung nach ist jedoch nicht jeder im Profil einer staatlichen Hochschule dort automatisch besser aufgehoben als an einer privaten Schauspielschule.

Auch viele private Schauspielschulen haben, an staatliche Hochschulen angelehnt, sehr hohe Standards in der Ausbildung der darstellenden Kunst und bilden hochwertig und konkurrenzfähig aus. Dabei geben diese auch Talenten eine Chance, welche einen anderen Weg zur künstlerischen Reife benötigen, als staatliche Hochschulen dies anbieten. Es gibt inmitten beider Ausbildungsformen Vor- und Nachteile. Generell kann gesagt werden, dass es auf den Einzelnen ankommt und seine Vorbildung, und natürlich auf die besonderen Umstände einer Ausbildung, wer wo am besten aufgehoben ist.

   

Wie viel Prozent der Schauspieler:innen haben an staatlichen Hochschulen bzw. privaten Berufsfachschulen studiert? 

In einer vom Verein deutschsprachiger privater Schauspielschulen (VdpS) veröffentlichten Studie aus der Spielzeit 2017/18 wurde die Relevanz von privaten Schauspielausbildungen untersucht. Ziel war es, herauszufinden, wo die Schauspieler:innen, die zu dieser Spielzeit an deutschen Theatern gearbeitet haben, ihre Ausbildung erhalten haben.

Von den 4.948 Schauspieler:innen bei denen der Ausbildungsweg recherchiert werden konnte, hatten 62 % ihre Schauspielausbildung an einer staatlichen Schauspielschule absolviert und 31% an einer privaten Schauspielschule bzw. durch privaten Unterricht. Die Studie belegt, dass staatliche Schauspielschulen rund 2/3 und die privaten Schauspielschulen ca. 1/3 aller an deutschen Theatern beschäftigten Schauspieler:innen ausbilden (Quelle: https://www.vdps.info/).

   

Sind die Kontaktmöglichkeiten an staatlichen Schauspielschulen immer besser als an privaten Schauspielschulen? 

Staatliche Schauspielschulen haben oft eine enge Anbindung an Theater und eine automatisierte Aufnahme in die ZAV (Künstlervermittlung). Doch auch an guten Privaten Schauspielschulen bekommen werdende Schauspieler:innen viele Möglichkeiten, Kontakte zu knüpfen.

An unserer Schauspielschule arbeiten beispielsweise über 50% der Auszubildenden bereits während der Ausbildungszeit in kleineren (Sprech-) Rollen z.B. an den großen Bühnen Hamburgs oder werden in Jobs an andere Theater, Filme und das Fernsehen vermittelt. Unsere Schauspieler:innen werden nach Vorsprechen ebenfalls bei der ZAV aufgenommen und entsprechend in eine Karriere vermittelt.

Zusätzlich gibt es auch an Privaten Schauspielschulen oft Kooperationen mit anderen branchen-relevanten Ausbildungen und kunstaffinen Instituten. In den Ausbildungen selbst werden Schauspieler:innen auf die Anforderungen des Marktes, Freiberuflichkeit, Agenturfindung, Castings und Marketing gezielt vorbereitet und konkurrenzfähig entwickelt.

   

Sind private Schauspielausbildungen konkurrenzfähig mit staatlichen Hochschulen? 

Ja, private Schauspielausbildungen stellen laut der Studie des VdpS eine ernstzunehmende Größe für die Ausbildung von Nachwuchs an deutschen Theatern dar. Das Vorurteil, dass private Schauspielausbildungen grundsätzlich schlechter und weniger erfolgreich seien als eine Ausbildung an einer staatlichen Schauspielschule, konnte diese Studie nicht bestätigen.

Darüber hinaus kommt es unseren Erfahrungen nach gerade in der darstellenden Kunst insbesondere auf die künstlerische Persönlichkeit des Einzelnen an. Wer qualitativ hochwertig arbeitet hat dann am Markt die besseren Chancen. Die darstellende Kunst wird überwiegend über Vorsprechen vermittelt. Sind diese überzeugend und passt das Profil für die Rolle, ist die Ausbildungsform aus der der/die Einzelne stammt zumeist sekundär.

   

Wie viele der Solo-Selbstständigen Schauspieler:innen kommen aus privaten bzw. staatlichen Schauspielausbildungen? 

Schauspiel findet natürlich nicht nur auf Bühnen und in Festanstellung statt: laut Mikrozensus waren in Deutschland im Jahr 2019 insgesamt rund 15.040 Personen als Schauspieler:innen erwerbstätig, davon 68% in Vollzeit.

62 % der Schauspieler:innen waren soloselbstständig tätig, also nicht an einer Bühne angestellt. Stichproben legten nahe, dass der Anteil der an Privatschulen ausgebildeten Schauspieler:innen bei den Soloselbständigen höher ist als der, der an staatlichen Schauspielschulen ausgebildeten. Genau wie festangestellte Schauspieler:innen bestreiten auch Solo-Selbstständige Schauspieler:innen in Vollzeit ihren kompletten Lebensunterhalt oft überwiegend aus ihren künstlerischen Tätigkeiten.

(Quelle: https://nachtkritik.de/images/stories/pdf/2022/theaterstatistik_summentabellen_19_20.pdf)

   

Ist es ratsam, den Berufswunsch Schauspieler:in von einer Aufnahme an einer staatlichen Schauspielschule abhängig zu machen? 

Unserer Erfahrung nach sollte jede/r Bewerber:in selbst herausfinden, welches für ihn/sie die individuell richtige Schule ist. Die staatlichen Schauspielschulen z.B. sind sehr begrenzt in ihren Aufnahmekapazitäten. Ein Jahrgang besteht, je nach Schule, aus 8 bis allerhöchstens 24 Schauspieler:innen. Die Anzahl der Bewerber:innen auf diese Plätze liegt zumeist über 1000. Wenn Schauspieler:innen also nur staatliche Schulen in Betracht ziehen, kann sich der Radius der Möglichkeiten beträchtlich minimieren und für Frauen ist es aufgrund des großen Andrangs an Bewerberinnen noch schwerer, an einer staatlichen Schule aufgenommen zu werden.

An dieser Stelle sind private Schauspielschulen unserer Erfahrung nach eine zusätzliche, wichtige Möglichkeit. Denn darstellende Künstler:innen sind in den speziellen Profilen von staatlichen Ausbildungssystemen manchmal ihren Bedürfnissen nach nicht glücklich und suchen nach alternativen Wegen, was private Schauspielausbildungen insbesondere fördern.

   


MEHR

Laßt die Schauspieler gut behandeln, denn sie sind der Spiegel und die abgekürzte Chronik des Zeitalters. (W. Shakespeare)